Liebe HiFi Freunde
Bei meiner letzten Shopping-Tour durch eine Elektroabteilung schweifte mein Blick auf etwas, nennen wir es mal "Spezielles". Eine All-In-One Kiste mit integrierten Lautsprechern, sowie einem Schallplattenspieler. Eigentlich eine coole Idee, nur, was ich da sah, lies mein Vinyl-Liebhaber-Herz weinen. Einen 100 Franken Plastik-Bomber.. wer tut sowas seinen Platten und Ohren an?
Wie dem auch sei - dieses Gerät hat mich dazu inspiriert, diesen Bericht hier zu verfassen.
Viel Spass beim Lesen und Entdecken.
...Juke-Box S, welche von einem uns bereits bekannten Hersteller stammt.
Es handelt sich um den sympathischen österreichischen Hersteller "Pro-Ject". Dieser ist uns bereits aus einem früheren Test bestens bekannt.
Die Juke-Box S, wie die offizielle Bezeichnung lautet, wurde bereits im Jahr 2018 lanciert. Damals, um ganz ehrlich zu sein, war meine Aufmerksamkeit dem Produkt gegenüber eher gering. Als mich einige Kunden diesbezüglich anfragten, hatte ich mich doch dazu entschlossen, diese All-in-One Lösung genauer unter die Lupe zu nehmen.
Vorsicht, Spoiler: mein Eindruck war da doch deutlich positiver als die Erwartungen..
...ist gross und schwer. Die Kartonschachtel macht einen soliden Eindruck. Die abgedruckten Bilder geben Auskunft über den Inhalt, die Farbe, das Funktionsprinzip. Eigentlich gar nicht so spannend, deshalb schauen wir, was sich im Innern befindet.
Siehe da, es handelt sich nur um eine grosse Schachtel damit das Set auch als Set zusammen bleibt. Nach dem öffnen wird direkt ersichtlich, dass in der nächsten Kiste die Lautsprecher warten. "Speaker Box 5 S2", wie zu lesen ist.
Im vorhanden Zwischenraum der grossen Schachtel findet man noch weiteres Zubehör.
Hierbei handelt es sich um eine Kabelrolle, 8 Gummifüsse, sowie 8 Stecker. Coole Sache, ich mag es, wenn der Lieferant auch gleich etwas an Zubehör beilegt.
Bei der Kabelrolle handelt es sich um ein Lautsprecherkabel. Die Länge dieser Rolle beträgt 10 Meter, was den meisten Kunden wohl ausreichen wird. Die Aufschrift "Flexibles Kabel mit sauerstofffreiem Kupfer" verrät uns etwas zur Qualität. Der Querschnitt übrigens ist 2 x 2.5 Quadratmillimeter.
...sind gut verpackt, beiliegend mit einem Datenblatt versehen. Schnell schnell ausgepackt und bestaunt! Ich habe grundsätzlich immer den Drang, falls möglich, das Lautsprecher-Gitter zu entfernen.. gesagt - getan.
Bereits beim ersten Kontakt zum Lautsprecher fällt die sehr hohe Verarbeitungsqualität auf. Das Holz fühlt sich sehr schön an, die Kanten sind perfekt verarbeitet. Sehr schön! Ach übrigens, es handelt sich hierbei um ein Echtholzfurnier und KEINE billige Folie oder sonst was!
Es handelt sich um ein 2-Wege System, dessen Frequenzgang mit 55 - 20000 Hz angegeben wird. Als empfohlener Verstärker ruft Pro-Ject 10 - 150 Watt auf. Was diese Werte wohl an Musik liefern?
Das Frontgitter aus Stoff wird im Übrigen mit Magneten an Ort und Stelle gehalten. Dies verleiht der Box ein cleanes Erscheinungsbild, da die Front nicht mit Löchern versehen ist, in denen die Abdeckung eingeklickt wird.
Auf der Rückseite befindet sich die Öffnung des Bassreflex-Rohres, sowie die Anschlussklemmen, resp. Schrauben für die Kabel.
Beim Versuch die Schrauben aufzudrehen wird klar, weshalb Pro-Ject Bananenstecker mitliefert.
Die Schrauben sind sehr klein und für dicke Finger nicht wirklich gut greifbar. Aber einen soliden Eindruck machen sie.
...befindet sich in der zweiten Schachtel.
Auch hier wieder eine weisse Kiste, vollgepackt mit Informationen und Strichcodes. "EISA Best Product 2018 - 2019" , wenn das mal nicht vielversprechend ist.
Nach dem Öffnen springt mir als erstes das Zubehör entgegen. Der Antriebsriemen, Bluetooth-Antenne, Fernbedienung, Single-Adapter, eine manuelle Tonarmwaage, Stromkabel usw. Sogar weisse Handschuhe liegen bei.
So, das ist sie also - die Juke-Box S - in ihrer ganzen Pracht. Der matte Acrylteller sticht sofort ins Auge! Die Kombination mit dem Holz, auch hier die Version Walnuss, ist elegant und stylisch. Wie bereits bei den Lautsprechern fällt die durchaus hochwertige Verarbeitung sofort auf.
Um den Spieler einsatzbereit zu machen, muss bloss der Riemen über das Bully um den Teller gelegt werden. Das Bully, also das silberne Teil beim Motor, besitzt zwei Übersetzungen. So können Singles, sowie normale LPs wiedergegeben werden.
Die Rückseite ist üppig mit Anschlüssen bestückt. Von links nach rechts:
Erdungskabel, Anschluss der Bluetooth Antenne,
Phono Out für die Verwendung eines anderen Verstärkers, Line In als analoger Eingang für weitere Geräte, variabler Audioausgang für die Verwendung einer anderen Endstufe, Fix Out für die Verwendung z.B. eines CD-Recorders, der Anschluss des externen Netzteils sowie die Lautsprecher Anschlüsse
Wie auch bei den Lautsprechern ist man hier dankbar, sind Bananenstecker mitgeliefert. Die Anschlussschrauben sind schon arg klein und für dickere Finger nicht geeignet. Aber auch hier ist wieder eine ordentliche Qualität spürbar.
Beim Netzteil handelt es sich um den "klassischen Klotz" am Kabel. Immerhin, das Kabel hat eine ordentliche Länge, sowie das Stromkabel selbst ist steckbar. So werden zu mindest nicht gleich alle Stecker an einer Mehrfachleiste oder der Wandsteckdose blockiert.
Um die Einstellungen des Tonarms, der Nadel sowie des Auflagegewichtes braucht ihr euch nicht zu kümmern. Wie eingangs Bericht bereits erwähnt, kommt die Juke-Box S komplett vormontiert und justiert.
Auf der Frontseite befindet sich lediglich ein Drehregler, mit welchem die Lautstärke durch Drehen, resp. die Eingangsquelle durch drücken verstellt wird.
An der vorderen linken Unterseite befinden sich zwei Kippschalter. Mit dem einen lässt sich das komplette System ein-, bzw. ausschalten. Der andere Schalter wird zum starten des Antriebsmotors verwendet. Das war's, mehr ist nicht zu finden.
Im übrigen, die Funktionsweise des Plattenspielers ist manuell. Das heisst, der Tonarm wird von Hand über der Platte platziert und mit dem Hebel gesenkt. Ist die Platte zu Ende, wird der Tonarm mit selbigem Hebel wieder angehoben. Das Gerät verfügt über keine Endabschaltung, so wie wir es von Pro-Ject Plattenspielern auch gewohnt sind.
...des Systems ist ruck zuck erledigt. Die Kabel sind schnell auf die passende Länge zugeschnitten, die Kabelenden vom Gummimantel befreit und die Kabellitzen in den Bananensteckern verschraubt.
Die mitgelieferten Stecker sind sehr einfach zu montieren. Lediglich die farbige Kuststoff-Kappe vom Metallstecker, welcher im Übrigen vergoldet ist, drehen und mit einem kleinen Schraubenzieher die Madenschrauben lösen. Nun das Kabel in die Öffnung stecken und alles wieder anziehen - fertig.
Beim einstecken an die Geräte muss nur nach auf die Farbcodierung geachtet werden: schwarz zu schwarz, rot zu rot. Mir fiel auf, dass die Stecker einen sehr hohen Widerstand beim Einstecken geleistet haben. Dies hinterliess bei mir ein eher ungutes Gefühl - ich will ja nicht etwas abbrechen. Mit etwas subtiler Gewalt (Kraftaufwand) sind die Stecker in den Buchsen - ohne weitere Probleme.
Nun noch das Netzteil mit der Juke-Box verbinden, rein in die Steckdose und los geht's. Ich hab gleich mal beide Schalter an der Unterseite betätigt und siehe da, das Display leuchtet und der Plattenteller setzt sich in Gang.
...und zwar gleich zu Beginn mit einer meiner liebsten Demoplatte. Auf dieser Platte befinden sich diverse Aufnahmen, welche qualitativ sehr hochwertig sind und das Können (oder Nichtkönnen) eines Spielers aufzeigen.
Tolle Schallplatten die dir gefallen könnten?
Natürlich durften nach den ersten Minuten noch weiter Schallplatten in den Genuss der Juke-Box gelangen. Neben den altbekannten Klassikern wie den "Dire Strates" oder "Billy Joel" durften auch Platten aus den Bereichen Jazz, Soul, Electro, Klassik und Blues ran. Das Urteil folgt..
Bekanntlich bin ich nicht der grösste Bluetooth-Fan. Da Pro-Ject jedoch die Juke-Box auch mit einem solchen Empfänger ausgestattet hat, will natürlich auch dieser getestet sein.
Die Verbindung von meinem Smartphone klappt ohne Probleme. Die Juke-Box merkt sich die letzten verbundenen Geräte, so dass ein erneutes Verbinden sehr schnell und einfach von statten geht. Naja, etwas anderes erwartet habe ich eigentlich auch nicht.
Um einen Vergleich zum Vinyl zu haben, spiele ich nochmals die selben Titel per Bluetooth wie zuvor ab Vinyl. Die Musik stammt ab Tidal, einem Streaming-Anbieter, der auch hochauflösende Dateien, bis hin zu MQA zur Verfügung stellt. Liebe HiFi Freunde - ja, ich weis, der Vergleich von Bluetooth zu Vinyl ist nicht fair!
Da ich gerade noch einen Streamer mit gutem D/A Wandler zur Hand hatte, hab ich mich entschlossen, diesen kurzerhand via den Line-In der Juke-Box zu verbinden. So hab ich gleich alle drei Möglichkeiten der Musikwiedergabe getestet und kann mir ein gutes Bild über das System machen.
...der Juke-Box S ist grundsätzlich gut. Ich als Vinyl-Fan lege den Schwerpunkt des Testes ganz klar auf die analoge Scheibe. Gut, das Gerät selbst ist ja auch an Vinyl-Kunden gerichtet, somit liegt dies ja auf der Hand.
Das Testergebnis der Schallplatten fällt grösstenteils überraschend positiv aus. Bei Rock, Elektro und Blues macht das System ein erstaunlich schönes und kräftiges Klangbild. Die Bässe sind strukturiert und kontrolliert, die Mitten werden sauber wiedergegeben und auch an Details in den Höhen mangelt es nicht. Bei Klassik und Jazz jedoch werden die Grenzen des Machbaren schnell klar.
Die von Pro-Ject als "Pick-It S" bezeichnete MM Nadel stösst kommt mit der Fülle an Musik und der Teils sehr grossen Dynamik nicht mehr klar. Um ehrlich zu sein, hätte ich mir das Ergebnis im grossen und ganzen aber deutlich verhaltener vorgestellt. Kurz gesagt: Vinyl hat erfüllt!
Bei Bluetooth ist die Minderung der Dynamik spürbar, die Musik wird "kleiner" und "flacher".
Mir hat die Musik (wie gesagt, ich bin Vinyl-Fan) etwas weniger Spass gemacht als mit der schwarzen Scheibe. Bei Bluetooth steht jedoch ganz klar der praktische Nutzen im Vordergrund. Somit hat diese Technologie eine klare Daseinsberechtigung. Kurz gesagt: Bluetooth ist nicht Vinyl, aber ok!
Überrascht war ich beim Line-In Anschluss. Klar, mit dem Bluesound Node 2i liefert ein Streamer ein sehr gutes analoges Signal. Die Juke-Box übernimmt dieses sehr gut und bildet einen tollen, runden Klang. Dass die Österreicher an einen analogen Eingang gedacht haben ist lobenswert!
Kurz gesagt: Analoger Eingang ist besser als gedacht! Hut ab!
...der Lautsprecher ist ja bekanntlich ein grosses Thema, so auch bei der Speaker Box 5 S2.
Bei einem ersten Test hatte ich die Lautsprecher auf einem eleganten Standfuss mit einer grossen Distanz zur Wand. Wir erinnern uns, die tiefste Wiedergabefrequenz liegt bei 55 Hz - und das hört man.
Im Tiefton war nicht ganz so viel los, wie eigentlich sein könnte.
Grundsätzlich gilt: Je näher der Lautsprecher an der Wand, desto "kräftiger" der Bass. Also, gesagt getan. Für einen weiteren Test habe ich das komplette System so aufgestellt, wie es wohl die meisten Kunden machen würden: Die beiden Boxen in einem Regal untergebracht, so dass kaum eine Distanz zur Wand vorhanden war. Da die Bassreflexöffnung des Gehäuses nach hinten raus geht, wird so der gesamte Tiefton deutlich verstärkt. Das Ergebnis? Nun ja, die Lautsprecher erzeugten plötzlich einen erstaunlich kräftigen Bass, der jedoch nicht aufdringlich wurde.
Bei der Aufstellung, solltet ihr mich um Rat fragen, würde ich empfehlen, das System tendenziell eher wandnah zu platzieren. Mit den mitgelieferten Damp-It Absorbern kann der Klang zusätzlich variiert werden.
...zu diesem Set gibt es. Allerdings bestehen diese aus mehreren Geräten und sind nicht mehr ganz so "sexy". So benötigt man einen Verstärker, einen Plattenspieler und Lautsprecher. Eine Möglichkeit ist z.B. die MaiA S2, ebenfalls von Pro-Ject. Diese ist für Fr. 589.- zu haben.
Dazu passt beispielsweise der Essential III SB, ebenfalls von Pro-Ject. Dieser ist im grossen und ganzen sehr nahe mit dem Spieler der Juke-Box verwandt, was man ihm auch ansieht. Preislich liegt er bei Fr. 469.-
Passende Lautsprecher finden wir für das System z.B. bei Talis Audio. Das Model Atara 1 zu Fr. 370.- (Paar) passt leistungstechnisch gut zu der vorgeschalgenen Elektronik und bietet ebenfalls einen erstaunlich schönen Sound aus kleinem Gehäuse. Was den Klang betrifft kann die Talis locker mit der Speaker Box mithalten, in gewissen Bereichen der Musik ist sie sogar überlegen.
Was die Gehäuseverarbeitung und das Design angeht - über Geschmack lässt sich nicht streiten. Die Speaker Box ist deutlich edler verarbeitet, was jedoch auch Auswirkungen auf deren Preis hat.
Bei dieser Lösung beträgt der Gesamtpreis nun Fr. 1428.-. Die Lautsprecherkabel in einer ähnlichen Qualität wie die bei der Juke-Box, sowie die Dämpfer und Stecker, verschlingen nochmals etwa Fr. 100.-. Für die Differenz von total rund Fr. 130.- erhält man einen Verstärker mit mehreren Anschlüssen und einem D/A Wandler. Was die Ausbaumöglichkeiten betrifft hat das modulare System klar die Nase vorn. Dafür werden aber auch mehrere Stromanschlüsse, Kabel und Platz gefordert. Was den "Style-Faktor" und die Einfachheit betrifft, liegt die Juke-Box im Vorteil.
Mit der Juke-Box S hat Pro-Ject etwas sehr schönes erschaffen. Das Set ist wertig verarbeitet und macht schon beim betrachten Spass. Klanglich kann das Set überzeugen, beachtet man, dass es sich um All-In-One Lösung für Fr. 1390.- handelt!
Für alle, die auf der Suche nach einem schönen und einfachen System sind und sich nicht mit irgend welchen Kabeln oder anderem technischen Klimbims herum schlagen wollen, ist die Juke-Box S eine Option.
Das System spielt jedoch nicht in der obersten Liga, aber sind wir ehrlich - das muss es auch nicht.
Pro:
Contra: